Das Pfarrhaus


Schon recht frühzeitig, etwa um 960, wird die unter dem Kirchenpatronat von Hersfeld stehende Pfarrkirche zu Obergude erwähnt. Unbekannt ist jedoch, wann wohl erstmals ein Pfarrhaus errichtet wurde.

Das historische Baujahr des heutigen Pfarrhauses fällt in die Zeit um 1600. Es ist überliefert, dass unter Pfarrer Georg(ius) Eusselius das Pfarrhaus neu erbaut wurde, das zuvor bei einem großen Brand in Obergude 1592 ein Raub der Flammen geworden war. Vom Feuer unversehrt und bis heute erhalten blieb das Sandstein-Gewölbe, mit dem der östliche Teil des Gebäudes unterkellert ist.

Etliche Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen folgten im Laufe der Zeit. So gehörten zum Pfarrhaus ein angrenzender Stall, der 1973 Garage und Gemeindesaal Platz machte, sowie eine separat stehende Scheune die bereits einige Jahre zuvor wegen Baufälligkeit abgerissen wurde. Erhalten ist der westseitig deutlich sichtbare Anbau, in dem sich ehemals Stall und Speicherräume befanden und in dem heute Heizungskeller und Gemeinderäume untergebracht sind.
Seit seiner Erbauung haben mit dem jetzigen Pfarrer Lars Ludolph insgesamt wohl achtundzwanzig Amtsinhaber und Vikare mit festem Dienstsitz ihre Wohnung im Oberguder Pfarrhaus gehabt. Die längste Amtszeit (45 Jahre!) erreichte Pfarrer Johann Henrich Haupt, der 1771 in Obergude eingeführt wurde und 1816 im Amte verstarb. Mit ihnen hatten unzählige Familienmitglieder und Angehörige im Pfarrhaus ihr Zuhause. Darüber hinaus fanden auch immer wieder hilfs- und pflegebedürftige Menschen im Pfarrhaus Fürsorge und Obdach oder Flüchtlinge begrenzten Wohnraum.

Das Gebäude ist eine Fachwerkkonstruktion in Fachwerkrahmenbauweise. An der Nordseite sind durch Umbaumaßnahmen Teilbereiche des Erdgeschosses in massivem Mauerwerk erstellt. Notwendige größere und kleinere Renovierungsarbeiten sind regelmäßig ausgeführt worden. So wurden auch in den 70er Jahren Teile der durch Feuchtigkeit zerstörten Fachwerkkonstruktion ausgebessert oder erneuert, die beiden Giebelseiten mit einer Stülpschalung verbrettert, die Nord- und Südfassade mit einem neuen Außenanstrich versehen und das Dach neu gedeckt. Außerdem wurde die ausgetretene Sandsteintreppe vor dem Eingang erneuert und das Haus mit einer Zentralheizung ausgestattet.

Eine im Auftrag der Landeskirche Ende 1996 durchgeführte gründliche Untersuchung der Bausubstanz des Pfarrhauses machte jedoch deutlich, dass massive Schäden in und am Haus eine umfangreiche Sanierung notwendig machten.

Die ganze Tragweite der Schädigungen stellte sich erst beim Freilegen der West- und Ostfassade, sowie beim teilweisen Entkernen heraus. So wiesen sowohl die Fachwerkfassade als auch die innere Holzkonstruktion wesentlich größere Schäden auf als angenommen. Grundsätzlich ist es zu den Schädigungen durch eingedrungene Feuchtigkeit und somit zur Fäulnis gekommen. Schwächungen der Konstruktion im inneren Bereich lagen aber auch durch einen Brandschaden, ausgehend von einem im Kamin steckenden Deckentragbalken, vor. Zu weiteren Schädigungen kam es durch Überlastung, bzw. Störung des Statischen Systems durch nicht sachgemäße Um- und Einbauten. Der linke Gebäudeanbau ist vermutlich aufgrund mangelnder Fundamentierung abgesackt. Die Holzbalkendecke darüber wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt durch zwei Hängewerke im Dachgeschoss gegen weiteres Durchbiegen geschützt. Auch diese Hängewerke mussten im Rahmen der Sanierungsarbeiten nachgearbeitet werden.

Im Dachstuhl resultierten die meisten Schäden aus Holzbockbefall, da die verwendeten Hölzer nicht komplett entrindet worden waren. Besonders gravierend waren die Schädigungen auch hier in dem nachträglich angebauten linken Gebäudeteil.

Die Aufschieblinge an den Traufen mussten zum größten Teil erneuert werden. Bei diesen Arbeiten stellte sich heraus, dass ein weit größerer Teil der Deckenbalkenköpfe geschädigt war. Eine Tatsache, die erst beim Öffnen der Decken erkennbar wurde und umfangreiche Ausbesserungsarbeiten und Stützungen der Decken- und Dachkonstruktion in den entsprechenden Bereichen notwenig machte.

Nach der ersten optischen Schadenskartierung wurden ein ausführlicher Maßnahmenkatalog sowie Schadenspläne erstellt und die Sanierung anhand einer detaillierten Ausführungsplanung durchgeführt und im Frühjahr 1998 abgeschlossen.