Die Pfarrkirche


Die Siedlungen im Gudegrund wurden erstmals im Jahre 960 urkundlich erwähnt. 500 Jahre später tritt die Kirche von Obergude urkundlich in Erscheinung. Aber wie der Ort selbst viel älter ist als das Jahr 960, so hat auch die Kirche bestanden, längst bevor wir ihr in Urkunden begegnen.

1336 und 1374 wurde bezeugt, dass die Abtei Hersfeld als Inhaber des Kirchenpatronates den Pfarrer einsetzt. Wenn aber Hersfeld vor dem Landgrafen das Kirchenpatronat von Obergude innehatte, so führt das schon in eine sehr frühe Zeit zurück. Und, ohne dass wir es beweisen können, liegt doch der Schluss nahe, dass hier schon eine Mutter- und Pfarrkirche entstand, als etwa um 800 das hessische Gebiet mit einem Netz solcher Ur- und Taufpfarreien überzogen wurde. Wir haben zwar keine gesicherten Nachrichten aus dieser Zeit, aber das Kirchengebäude sagt uns einiges über die Geschichte aus.

So wie die Kirche heute vor uns steht, wie sie uns vor allem dann erscheint, wenn wir ins Innere treten, bietet sie das Bild einer schlichten Saalkirche, deren Einrichtung und innere Anordnung dem protestantischen Gottesdienst gemäß ist. Den länglichen Innenraum umziehen eingeschossige Emporen auf drei Seiten; im Altarraum steht der Altar in der Mitte und hinter ihm in der Achse die Kanzel. Im Jahre 1816 wurde nach Aussage der Pfarrakten die Kirche so umgebaut, wie sie sich heute darstellt.


Davor trug der Chor ein steinernes Gewölbe und einen großen Bogen - den sog. "Triumphbogen"- er trennte ihn von der älteren Kirche und verband ihn zugleich damit. Das Gewölbe und der Bogen wurden abgebrochen, weil alles in einer Flucht mit dem übrigen Mauerwerk laufen sollte. Der Absatz vom schmalern Mauerwerk der älteren Kirche zum dickeren des Chores ist heute noch zu sehen.

Das Mauerwerk hat zum größten Teil keinen Verputz und so können wir es gut beurteilen.

Es ist ein sogenanntes "wildes Bruchsteinmauerwerk" mit nicht sehr regelmäßig gelagerten Steinschichten aus rotem, eisenrotem und grauem Sandstein. Größere Quader, meist aus rotem Sandstein, bilden die Ecken.

Das, was uns Urkunden in bezug auf eine Entstehungszeit nicht sagen können, können wir den verschiedenen Bauteilen entnehmen. Die Südtür, nach Obergude gerichtet, bildet heute den einzigen Zugang. Ihre steinerne Umrahmung, das Gewände, schließt sich oben in einem fast noch runden Bogen, der aber schon eine leichte Zuspitzung zeigt. - Ein Kennzeichen der Zeit um 1220 - 1250. Dazu passt auch der Rundbogen, der die heute vermauerte Tür auf der Nordseite umfängt: sie war wohl der Eingang für die Kirchgänger von Metzebach und Landefeld, wenn sie bei bestimmten Gelegenheiten den Gottesdienst in der Mutterkirche aufzusuchen hatten. Der Westteil der Kirche, in dem sich die beiden Türen befinden, hat keine Fenster mehr aus seiner Erbauungszeit, sondern mehr oder weniger große Rechteckfenster, die wahrscheinlich 1781 eingesetzt worden sind. Anders verhält es sich mit dem Chor. Dieser hatte 3 Spitzbogenfenster, jeweils im Süden, Osten und Norden. Das Ostfenster wurde im Jahre 1840 vermauert, als die Kanzel davor gesetzt wurde. Die beiden zusätzlichen Fenster in der Südwand haben ein sehr schön profiliertes Gewände mit einer weiten Kehle, die an beiden Seiten durch einen Rundstab eingefasst ist und mit einer weiteren Kehle vor dem Anschluss des hölzernen Fensterrahmens. Das ist eine Form aus der Zeit der Spätgotik, etwa aus dem 15. Jahrhundert. Noch genaueren Aufschluss gibt uns das Fenster in der Nordwand des Chores. Seine Profile sind etwas anders gearbeitet und überkreuzen sich zum Teil im Bogenscheitel., ein typisches Merkmal der Zeit um 1480-1525 bei Dorfkirchen unseres Gebietes.

Dass der Chor vor der Reformation entstand, verrät uns noch das kleine Becken, eine sog. Piscina an der Südwand, von dem aus ein Ablauf durch die Mauer ins Freie führte. Hierin werden heute die 2 Weinkannen aus Zinn aus dem Jahre 1840, eine Taufkanne aus Neusilber aus dem Jahre 1904 und ein Taufbecken aus Neusilber, ebenfalls aus dem Jahre 1904, ein Brotteller aus Zinn, 2 Kelche aus Messing (neugotisch und Neurokoko) aufbewahrt. - Einst wurde hier hinein das Wasser gegossen, mit dem der Messkelch nach der Opferfeier ausgespült wurde. Auch erinnert an jene Zeit noch der Fuß eines gotischen Taufsteins. Er wurde nach der Kirchenreform des Jahres 1606 aus der Kirche verbannt. Später wurde er im Pfarrgarten aufgestellt.

Seit 1579 ist in den Rechnungen von kleineren Ausbesserungsarbeiten in der Kirche die Rede. Fenster , Dach und die Empore, genannt "Borläube" sowie die Uhr wurden repariert. Mauern und Empore werden geweißt. 1592 wird eine neue Borläube gebaut, von der ist bis heute noch ein Pfosten übrig geblieben ist, der über der Treppe zur Orgel eingesetzt ist und die Namen der damaligen Kastenmeister Hans Salzmann und Hans Eckhart trägt. Der Chronist Lucae teilt anno 1701 zwar mit, dass die Kirche in Kriegszeiten abgebrannt sei. Aber entweder betraf der Brand nicht das ganze Gebäude, so dass der Pfosten erhalten blieb oder der Brand hatte nicht im 30-jährigen Kriege, sondern noch im 16. Jahr-hundert stattgefunden. Darüber ist aber nichts näheres bekannt.
Da von einer Uhrreparatur im Jahre 1579 die Rede ist, muss wahrscheinlich auch ein Turm bestanden haben, während ein solcher 1701 nicht mehr vorhanden war.

Eine weitere Baurechnung besteht aus dem Jahre 1694 (entsprechende Inschrift, sprich Chronogramm, befindet sich am Fuß des Dachgebälkes unter dem Turm). Damals erhielt das Schiff einen Fachwerkaufbau in der gleichen Höhe des Chores, der im Jahre 1781 durch Stein ersetzt wurde. Darüber wurde der neue Fachwerkturm errichtet.

Weitere Renovierungen fanden 1878, 1906 statt. Innere Ausmalungen wurden im Jahre 1933-1936 nach Angaben der Frau des Pfarrers Volkenand vorgenommen. 1975 wurde das Innere der Kirche erneut gestrichen und nach altem Vorbild bemalt.

Die Orgel steht auf der Westempore zwischen den Turmstützen und wurde 1876/77 von Valentin und Heinrich Möller aus Rotenburg geschaffen. Sie erinnert an barocke Gestaltungsweisen, also an eine Hochblüte des Orgelbaues.

Pfarrer Friedrich Lucae zu Rotenburg schreibt in seiner Chronik 1700-1701:

"XV. OBERN-GUDE. 1. Die Kirche

Das Kirchengebäwde allhier ist gar alt, und unten dessen fuß steinern. Weil in kriegs zeiten die kirche abbrandte, so hat die Gemeinde hernach den Obertheil von holtz ausgeführet. Jetzt mangelt noch daran der thurn. Die Collatores dieser Kirche sind die Edlen von Cornberg zu Reichelsdorf. Vor wenigen jahren zersprang die kleinere Glocke, welche in Herßfeld wieder umbgegoßen worden. Die annoch vorhandene grösere glocke hat eine sehr alte aufschrift, und bezeuget auch dieser Kirche alterthumb. Dieselbste bestehet auß foldenden litern

VENI CVM PACE x O REX GLORIE"

Was ungefähr heißt: Er ist mit Frieden gekommen, der König der Ehre.